RPA für Massenprojekte: Wenn der Roboter schnell mal einspringt

Ein Softwareroboter legt bei der Energieversorgung Sylt mehr als 1.300 Ersatzversorgungskunden in Schleupen.CS an

Ein größerer Energieversorger fuhr sein überregionales Geschäft zurück und plötzlich stand die Energieversorgung Sylt GmbH (EVS) vor der Aufgabe, 1.300 neue Kunden in die Grund- bzw. Ersatzversorgung zu übernehmen. Die besondere Herausforderung: Die Kundendaten wurden der EVS erst knapp drei Monate vor dem Wechsel in nicht MaKo-tauglicher Form als Excel-Tabelle bereitgestellt.

Die Lösung für dieses ebenso spontane wie zeitkritische Großprojekt konnte für Matthias Maier, Bereichsleiter Zentrale Dienste bei der Energieversorgung Sylt, nicht das manuelle Anlegen von 1.300 neuen Verträgen in Schleupen.CS sein. Stattdessen entschied er sich für eine Umsetzung per Robotic Process Automation (RPA), die von einem Schleupen-Partner, der Natuvion Digital GmbH, realisiert wurde. So standen die qualifizierten Mitarbeitenden aus Abrechnung und Kundenservice weiterhin für die anspruchsvollen Tätigkeiten und vor allem die Kundenberatung zur Verfügung. Dort wurden sie gerade in Zeiten der Strom- und Gaspreisbremsen dringend gebraucht, um das explodierende Anfragevolumen zu bewältigen.

Schnell umgesetzt

Der Softwareroboter ist eine bestehende, fertig programmierte Softwarelösung, die aus der Cloud auf andere Systeme zugreifen kann. Im Rahmen der Partnerschaft mit der Schleupen SE wurde sie für den Zugriff auf die Plattform Schleupen.CS optimiert, um Projekte so einfach wie möglich zu gestalten. Obwohl der Roboter natürlich für seine spezielle Aufgabe eingerichtet werden musste, wurde gegenüber der manuellen Bearbeitung der Vertragsdaten insgesamt viel Zeit eingespart. 

Damit der Roboter lernen konnte, was zu tun war, musste im ersten Schritt der Prozess akurat aufgenommen werden. Die Prozessaufnahme fand in einer gemeinsamen Video Session statt, in der Mitarbeitende aus den Fachabteilungen den Experten und Experteninnen von Natuvion Digital Schritt für Schritt zeigten, wie sie die entsprechenden Prozesse auf der Plattform Schleupen.CS bearbeiten. Aus den Aufzeichnungen dieser Session wurden dann bei Natuvion Digital Prozessbeschreibungen gewonnen und der Softwareroboter entsprechend programmiert. 

Nach Abschluss der Programmierung kann sich der Roboter, der als SaaS-Lösung in einer Cloud läuft, wie ein Mitarbeiter in die Plattform Schleupen.CS einloggen und die ihm gestellten Aufgaben bearbeiten.

Excel-Tabellen als Fahrplan für den Roboter

Der Roboter verarbeitet die Daten aus den bereinigten Excellisten und legt entsprechende Verträge in Schleupen.CS an. Aufgrund der Programmierung weiß der Roboter, welche Daten er benötigt, wo er sie findet und wo sie einzutragen sind. Die Mitarbeitenden müssen am Ende nur noch das Ausgabeprotokoll prüfen. Im Schnitt sind 80 Prozent der Datensätze korrekt bearbeitet und damit erledigt. Für die Mitarbeitenden bleiben nur 20 Prozent von Fällen, die von der Norm abweichen und deshalb manuell bearbeitet werden müssen. Bei ca. 1.300 Verträgen ist das eine enorme Arbeitsersparnis.

Ein weiterer Vorteil der Prozessautomatisierung per RPA: Wiedervorlagen lassen sich außerordentlich vereinfachen. So wurde beispielsweise der Wechsel von der Ersatz- in die Grundversorgung ebenfalls vom Roboter ausgeführt, sofern die Betroffenen kein Angebot angenommen haben, in einen entsprechenden Laufzeittarif zu wechseln. Auch von der notwendigen Kommunikation per Briefpost wurden die Mitarbeitenden durch den Roboter entlastet. Alle Druckdaten wurden direkt an einen Druckdienstleister versandt, der die Briefe ausgedruckt, kuvertiert und verschickt hat.

Roboter als Fundament einer Kompetenzpyramide

Matthias Maier sieht den Roboter als unerlässlich beim Aufbau einer Kompetenzpyramide in seinem Unternehmen. Der Roboter arbeitet auf der untersten Ebene dieser Pyramide gleichförmige Standardprozesse automatisch ab. Auf der mittleren Ebene sieht er spezialisierte Prozessdienstleister, die ebenfalls einfache, aber nicht vollständig automatisierbare Tätigkeiten übernehmen. Dazu gehört beispielsweise die Digitalisierung von Ablesekarten. An der Spitze dieser Kompetenzpyramide stehen die eigenen Mitarbeitenden, die alle anspruchsvollen Prozesse übernehmen, die eine individuelle Bearbeitung erfordern. 

Maier ist sich sicher, dass sich nur so der Arbeitsanfall in einem modernen Versorgungsunternehmen bewältigen lässt, ohne die personellen Kapazitäten und damit die Kosten zu erhöhen. Denn die Zahl der Anfragen ist hoch, bei steigender Tendenz bei Anrufen und E-Mails. So hat die EVS gleichbleibend ca. 1.200 Kundenbesuche im Servicecenter pro Jahr zu bewältigen. Dazu kommen ca. 14.000 Telefonanrufe und 22.000 bis 26.000 E-Mails. Maier ist sich sicher: „Es muss niemand Angst haben, dass der Roboter ihm die Arbeit wegnimmt. Der Roboter macht für uns die Arbeit erst beherrschbar, die ohne Roboter überhandnehmen würde. Er erlaubt uns, unternehmensindividuelle Prozesse mit einem vertretbaren Aufwand zu automatisieren. Insofern ist er die perfekte Ergänzung zur Plattform Schleupen.CS, die bei den Standardprozessen einen hohen Automatisierungsgrad bietet.“ 

Nicht nur für Massenprozesse

Als Einsatzgebiet für den Roboter sieht Maier übrigens nicht nur Massenprozesse, die mehrere hundert Mal vorkommen. Gerade wenn Prozesse Wiedervorlagen erfordern, lohnt sich seiner Meinung nach der Robotereinsatz schon, wenn der Prozess nur zehn- bis zwanzigmal im Monat vorkommt. Dabei hilft, dass der Roboter sehr schnell und relativ leicht zu programmieren ist. 

Nicht ohne Grund hat Maier schon die nächsten Projekte im Auge, bei denen Roboterunterstützung geplant ist. Das Spektrum reicht von der Mailbearbeitung (Strukturierung des Maileingangs) über den Einsatz in der MaKo als APERAK Kontrollzentrum (Prüfung) bis hin zur Verschlagwortung im Archiv (PIN, REE, MaLo etc.). Da die Plattform Schleupen.CS eine Standardsoftware ist, lassen sich die Templates, die für die Prozesse in Sylt entwickelt wurden, mit wenigen Anpassungen auch bei anderen Verwendern von Schleupen.CS einsetzen. Insofern haben Maier und die Energieversorgung Sylt mit dem umfangreichen RPA-Einsatz eine Vorreiterrolle, von der die gesamte Schleupen Familie profitieren kann.